Die Vorweihnachtszeit ist die Zeit der Wunschzettel. Da machten auch die Teilnehmer der Tagung „Vereine stark machen“ keine Ausnahme. Ganz oben auf der Liste steht mehr Geld für die Finanzierung von Programmen zur Verhinderung von Gewalt, dann kommt die Verbesserung von Kommunikation zwischen Politik, Schule und Vereinen. Einen Wunsch erfüllten sich die rund 80 Ehrenamtler im „Uwe Seeler Fußball Park“ selbst: Sie begannen Netzwerke zu knüpfen und auszubauen.
Nicht nur die Vorfälle, die Schlagzeilen machen, verdeutlichen den Handlungsbedarf, wie der jugendliche Fußballspieler, der vor einem gewaltbereiten Vater in den Rettungswagen flüchten musste, oder der Schiedsrichter, der auf dem Spielfeld verprügelt wurde. In Malente ging es auch um den alltäglichen Rassismus, die Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund oder Homosexuellen oder Eltern, die ihren Nachwuchs deftig und ohne Rücksicht auf den Gegner anstacheln. „Wir haben bei einem Kinderfußballspiel Tonaufnahmen gemacht und sie den Eltern nach dem Abpfiff vorgespielt. Die meisten konnten gar nicht glauben, was sie gerufen haben“, berichtete Tim Cassel von einem kleinen Versuch. „Der Geist von Malente ist ein Paradebeispiel, wie wir Vereine stark machen können“, stellte der Geschäftsführer des Schleswig-Holsteinischen Fußballverbandes, Jörn Felchner, fest. Er erinnerte an den Teamgeist, mit dem sich die Deutsche Fußballnationalmannschaft 1974 nach der 0:1-Niederlage gegen die DDR im Gruppenspiel auf den Titelgewinn eingeschworen hatte.
80 Interessenten diskutierten über Wege und Möglichkeiten, Vereine stark zu machen. Dabei arbeiteten die Aktion „Schleswig-Holstein kickt fair“ und das bundesweite Bündnis für Demokratie und Toleranz zusammen. Mit im Boot waren 18 Sportstudenten der Christian-Albrechts-Universität, die sich einerseits in die Workshops einbrachten, andererseits aber auch eine Dokumentation zur Tagung erstellen werden.
Im Verhältnis zu der Zahl von 2500 Fußballspielen, die in Schleswig-Holstein an jedem Wochenende stattfinden, sei die Zahl der Zwischenfälle – sie bewegten sich im Promillebereich – gering, sagte Tim Cassel, der das Projekt „Schleswig-Holstein kickt fair“ leitet. Allerdings gebe es eine Zunahme gewalttätiger Ausschreitungen auf den Fußballplätzen in Schleswig-Holstein, stellte Cassel fest. Und: „Die Qualität ändert sich: Wenn etwas passiert, dann oft ganz schlimm.“
„Der Sport hat oft das Problem, dass er sich selbst für unpolitisch hält“, sagte Eberhard „Eddy“ Münch, der als Beauftragter für gesellschaftliche Entwicklung dem Vorstand des SHFV angehört. „Wir müssen in die Politik hineinwirken, damit wir da besser wahrgenommen werden.“ Aber auch die Vereine müssten umdenken und alte Strukturen aufbrechen, in einigen Fällen den Generationswechsel einleiten, Vorurteile abbauen. „Der Fußball muss sich öffnen“, forderte Gregor Rosenthal vom Bündnis für Demokratie und Toleranz und verwies auf Schulen und Betriebe, in denen es gelungene Beispiele für Gewaltprävention, Konfliktmanagement und gegen Diskriminierung gebe.
Eberhard Münch ermutigte die Teilnehmer, sich bei der Finanzierung nicht von der Bürokratie abschrecken zu lassen und Förderprogramme aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln zu nutzen. Hier sei eine bessere Informationspolitik nötig. Die Tagungsteilnehmer nahmen viele Anregungen für ihren Alltag im Ehrenamt mit. „Die Ideensammlung ist das Wichtigste“, stellte Münch fest.
Harald Klipp
Ein Interview mit Eddy Münch im Rahmen dieser Veranstaltung finden Sie hier.